Kuhn, Hans * 13.7.1899 Minden/Westfalen, † 8.10.1988 Laboe bei Kiel, Sprachwissenschaftler. Kuhn studierte in Kiel, Köln und Marburg alte germanische Sprachen, wurde 1938 außerordentlicher Professor in Leipzig und 1941 ordentlicher Professor in Berlin. 1946 folgte er einem Ruf nach Kiel auf den ältesten und angesehensten deutschen Lehrstuhl für Altgermanische und Nordische Philologie. Gleichzeitig wurde er Direktor des Nordischen Instituts der Christian-Albrechts-Universität. Mit seinen Veröffentlichungen, zumeist in Form von Beiträgen zu wissenschaftlichen Zeitschriften, trug er Wesentliches zur Erforschung der germanischen und nordischen Sprach-, Literatur- und Kulturgeschichte bei.
Kuhn erwarb sich bleibende Verdienste für das Friesische, indem er 1950 die Leitung der neu gegründeten Nordfriesischen Wörterbuchstelle übernahm. Dem Nordischen Institut angegliedert, war sie Grundstein für den späteren institutionellen Ausbau des Nordfriesischen überhaupt. Kuhn erinnerte die jeweiligen Regierungen immer wieder, mit diesem ersten Schritt eine Verpflichtung gegenüber dem Nordfriesischen eingegangen zu sein. Die Wörterbuchstelle erhielt die Aufgabe, auf der Basis des von Albrecht Johannsen (1888–1967) über den Weltkrieg hinweggeretteten Materials ein großes Wörterbuch der nordfriesischen Dialekte und Mundarten zu erstellen. Kuhn emeritierte 1967, leitete die Wörterbucharbeit aber noch bis 1974. Eine Vollendung der großen Aufgabe ist bis heute nicht abzusehen, allerdings erschienen zahlreiche kleine Gebrauchswörterbücher zu einzelnen Dialekten.
Kuhn wurde Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Akademien, z. B. der Deutschen Akademie der Wissenschaften, der Fryske Akademy in Ljouwert/Leeuwarden und der Isländischen Gesellschaft der Wissenschaften in Reykjavik, und erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. Von 1965–84 war er Mitglied des Kuratoriums des Nordfriisk Instituut, von 1968–72 Vorsitzender des Satzungsausschusses. Der Verein Nordfriesisches Institut verlieh ihm 1978 die Ehrenmitgliedschaft.
„Unsere Zeit ebnet unbarmherzig ein, überall droht den kleinen Kulturen und Sprachen der Untergang, wenn ihnen der Rückhalt an einer Schriftsprache fehlt“, schrieb Hans Kuhn am Schluss seines Aufsatzes über „Die friesische Sprache und ihr Schicksal“ in „Nordfriesland im Umbruch“, dem Sonderheft des Grenzfriedensbundes zum 8. Friesenkongress in Niebüll und Wyk auf Föhr 1961. Einen Vortrag bei Radio Bremen beschloss er 1961 mit den Worten: „Aber man soll dies nicht hinnehmen wie ein Naturgesetz. Was wir sprechen, bestimmen nicht die Zeitungsgewaltigen und die Herren des Funks, sondern wir selbst. Unser Wille entscheidet, und er ist auch eine Macht. Auch die nordfriesischen Mundarten sind ein Glied in dem reichen Kranz der Schöpfungen menschlichen Geistes, wert, gepflegt und erhalten zu werden. Entscheidend ist jedoch, was sie den Friesen selber sind.“
Holander 1988 u. 1989, Kuhn 1954, 1955 u. 1961, Wilts 1989b.