Futuur_Materialien_Informatives_bearb
Alle Linien
Nordfrieslandlexikon
Johannsen, (Nis) Albrecht

Johannsen, (Nis) Albrecht * 11.3.1888 Deezbüll, † 15.8.1967 Deezbüll, Lehrer, Schulrat (1945–47), friesischer Schriftsteller und Sprachpfleger. Der Sohn von Nis Albrecht Johannsen (1855–1935) war im 20. Jahrhundert eine zentrale Gestalt in der nordfriesischen Bewegung. Im Nordfriesischen Verein gehörte er 1921 zu den „jugendlichen Stürmern“. Sein Einsatz galt besonders dem friesischen Schulunterricht, für den er wesentliche Grundlagen schuf. Gemeinsam mit Katharine Ingwersen (1879–1968) veröffentlichte er 1926 ein festlandsfriesisches Lesebuch. Nach dem Tod von Julius Tedsen (1880–1939) bearbeitete er das Nordfriesische Wörterbuch. In der NS-Zeit wandte er sich vom gleichgeschalteten Nordfriesischen Verein ab und gehörte 1948 zu den Gründern des Vereins Nordfriesisches Institut. Er veröffentlichte zahlreiche volkskundliche Arbeiten und friesischsprachige Texte, vor allem Gedichte, darunter den Hymnentext „Gölj, rüüdj, ween“. Sie ließen ihn zum wohl bedeutendsten Dichter in festlandsfriesischer Sprache werden. „Ein Heimatmensch darf den Blick in die Welt nicht verlieren“, so fasste er einmal seine Erfahrungen zusammen. Einige seiner Gedichte gehören zu den schönsten in festlandsnordfriesischer Sprache.
siehe auch Archive und Nachlässe

Johannsen 1991, Steensen 1986 u. 1988a, Walker 1988.

 

Das vielleicht schönste Gedicht von Albrecht Johannsen aus dem Band „Beerid“ (Verlag Nordfriisk Instituut 1991):

Bai e swuunewäil

Eenhärng läit ål un’r e tweege,
Åål da latje föögle sweege,
Än e nåcht kamt glik;
Schööli ääder huuge räide
Sleept e wäil deer aw e näide
Bai e samerdik.

Mäge doonse ouer’t wååder,
Ånerte san trååt foon’t slååder,
Roui silt jü swuun.
Önj e wiichle ööle kuie,
Än da fladermüs da snuie
Am e hiletuun.

Nint tu hiir’n läis än doowen,
Än di moune smelt fonn boowen
Önj dåt wååderpäil;
Ninte jart ham önj da bleese –
Dåt as samers eenhärngsfreese
Bai e swuunewäil.


Beim Schwanenkolk

Dämmrung liegt schon unter Zweigen,
All die kleinen Vögel schweigen,
Und die Nacht kommt gleich;
einsam hinterm hohen Rohre
Schläft der kleine Kolk verloren
Bei dem Sommerdeich.

Mücken tanzen noch im Riede,
Enten sind vom Schnattern müde,
Ruhig schwimmt der Schwan.
Eulen schrein auf Eulenweise,
Und es schwirren Fledermäuse
Beim Holunderzaun.

Nichts vom Lärmen, nichts vom Toben,
Und der Mond, er lächelt oben
Übers Mückenvolk;
Nichts mehr rührt sich in den Zweigen –
Sommerabend, Dämmrung, Schweigen
Bei dem Schwanenkolk.


Ins Hochdeutsche übertragen von James Krüss.
Friesische Gedichte 1973.