Helgoland (fries.: deät Lun) Tektonische Vorgänge und der Druck tiefliegender Salzstöcke pressten einst Rotliegendes, Buntsandstein und Zechstein an die Erdoberfläche. Auf diese Weise entstand u. a. auch die rund 50 Kilometer südwestlich von Eiderstedt in der Deutschen Bucht liegende nordfriesische Insel Helgoland. Sie zählt zusammen mit der Deutschen Bucht zum Bereich des Festlandsockels und wird zu Unrecht als Hochseeinsel bezeichnet. Ihre isolierte Lage führte zu einem besonders ausgeprägten Eigenständigkeitsgefühl der Helgoländer. In ihrer friesischen Sprache, dem Halunder, nennen sie ihre Insel einfach „deät Lun“, das Land.
1231 tauchte die Insel erstmals im Erdbuch Waldemars II. (1170–2141) namentlich auf. 1714 wurde sie dem Herzogtum Schleswig angegliedert, 1807 von englischen Militärs besetzt und bis 1890 konfisziert. Dann erwarb sie das Deutsche Reich durch den Helgoland-Sansibar-Vertrag. 1841 schrieb der deutsche Dichter Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) auf Helgoland das „Lied der Deutschen“, das später zur Nationalhymne wurde.
Das Meer mit Fisch- und Hummerfang, Lotsenfahrt, Bergung von Strandgut bildete von jeher die Existenzgrundlage der Helgoländer. Lange Zeit bot die Insel einen Unterschlupf für Piraten, die es auf den Hansehandel abgesehen hatten. Klaus Störtebekers „Vitalienbrüder“ wurden hier 1402 dingfest gemacht.
Seit 1720 ist Helgoland geteilt in die 95 Hektar große rot-grüne Sandsteininsel mit den hummerförmigen Hafenmolen und in die anderthalb Kilometer entfernt liegende etwa 70 Hektar große weiß-grüne Düne, ursprünglich ein Kalkfelsen, mit dem Flugplatz und Badestränden. „Grün ist das Land, Rot ist die Kant, Weiß ist der Strand. Das sind die Farben von Helgoland.“ Der brüchige Sandsteinzahn vor der Nordwestecke der 30 Meter hohen Steilküste wird Lange Anna genannt. Hier kann man seltene Vögel am Lummenfelsen beobachten.
Seit der Gründung des Seebades 1826 entwickelte sich der Fremdenverkehr zur wichtigsten Einnahmequelle. Rund 5.000 Tagesgäste werden im Sommer gezählt. Offene Börteboote holen bis heute die Gäste von den Seebäderschiffen auf der Reede ab und pendeln auch zwischen den beiden Inselteilen hin und her.
1910 wurde auf der Insel die Vogelwarte Helgoland gegründet. Neben dem bevorzugten Studium des Vogelzugs und der Beringung von Zugvögeln befasst es sich mit Verhaltensuntersuchungen an künstlich aufgezogenen Möwen sowie mit parasitologischen Untersuchungen von Strand- und Wasservögeln.
Während der beiden Weltkriege wurden die Bewohner jeweils evakuiert und die Insel zur Festung ausgebaut. Schwere Bombenangriffe zerstörten 1945 alle Häuser, 285 Menschen kamen ums Leben. Zur Erinnerung an die Angehörigen einer Widerstandsgruppe von 1945 ließ das Helgoländer Museum im Jahr 2010 Stolpersteine verlegen. Der Plan, die Insel kampflos an die Alliierten zu übergeben, wurde verraten, die Widerständler hingerichtet.
1947 versuchten die Engländer, die Insel mit rund 7.000 Tonnen Munition, dem Big Bang, endgültig zu zerstören, was nicht gelang. Nach anhaltenden Protesten gaben sie am 1. März 1952 Helgoland wieder frei. In einem vielbeachteten Wettbewerb setzte sich das städtebauliche Konzept des Architekten Georg Wellhausen (1898–1987) durch. Zum Markenzeichen wurden die Hummerbuden, deren Gestaltung und Farbigkeit an skandinavische Vorbilder erinnert. Auch die 1892 zur Erforschung des Meeres gegründete Biologische Anstalt wurde wieder aufgebaut.
Die 1.400 Einwohner (2015) leben auf der seit 1932 zum Kreis Pinneberg gehörenden Insel überwiegend auf dem „Oberland“, wo sich auch der Leuchtturm, die Schule und die Sankt Nicolai-Kirche befinden. Das künstlich angelegte „Unterland“ beherbergt ein Schwimmbad, ein Kraftwerk, den kleinen Nordosthafen und die Kurpromenade zum kleinen Sandstrand im Norden. Der Lung Wai führt von den Landungsbrücken zum Fahrstuhl und den drei Treppen ins „Oberland“. Jährlich besuchen rund ein halbe Million Feriengäste die Insel, die meisten im Eintagestripp zum Einkaufen zollfreier Waren. Den Flugplatz auf der Düne können nur kleine Maschinen ansteuern.
Dahle 2010, Krieger 2015, Mehlhorn 2016, Müller/Rickmers 2000, Rickmers 1958, Rickmers/Röper/Huster 1986, Steensen 2002c, Wohlenberg 1958.