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Nordfrieslandlexikon
Hansen, Christian Peter

Hansen, Christian Peter * 28.8.1803 Westerland, † 9.12.1879 Keitum, Lehrer und Küster, Heimatforscher, Chronist. Hansen war 1829–60 in der Nachfolge seines Vaters Jap Peter Hansen (1767–1855) Lehrer und Organist, von 1835 an auch Küster in Keitum. Er gründete u. a. 1838 den Sylter Lehrerverein. Spätere Vertreter der friesischen Sprachbewegung auf Sylt wie Boy Peter Möller (1843–1922) und Nann Mungard (1849–1935) gingen bei ihm zur Schule.

Als vielseitig interessierter Autodidakt trug „Kristjaan Japen“, wie er auf Sylt aufgrund des Vornamens seines Vaters genannt wurde, reichhaltiges Material zu Geschichte, Volkskunde und Kultur Nordfrieslands, vor allem zu seiner Heimatinsel Sylt zusammen. Der zeitgenössische Schriftsteller Adelbert von Baudissin (1820–1871) nannte ihn „Schriftsteller, Küster, Organist, Antiquar und lebendiges Konversationslexikon“. Erste Anregungen gingen u. a. von Uwe Jens Lornsen (1793–1838) aus, dessen erster Biograf er wurde. Teile der Sammlung C. P. Hansens bildeten den Grundstock des 1908 gegründeten Sylter Heimatmuseums. Aus Hansens Wohnhaus entstand das Museum Altfriesisches Haus.

Seine zahlreichen Veröffentlichungen stellen den eigentlichen Beginn der heute so umfassenden Sylt-Literatur dar. Neben zahlreichen Aufsätzen in Zeitungen und Zeitschriften verfasste er etwa 15 Bücher. Einige seiner Schriften illustrierte er selbst und stellte damit erstmals die Eigenarten seiner Heimatinsel dar. Als ein Hauptwerk zur nordfriesischen Geschichte kann seine „Chronik der Friesischen Uthlande“ (1856) gelten. Allerdings räumte er in seiner Autobiografie auch ein, dass er „eine lebhafte Phantasie“ hatte und „abentheuerliche Scenen schon als Knabe gern beschrieben“ habe. Am liebsten wäre er wohl Romanschriftsteller geworden. Viele seiner Geschichten und Erzählungen sind deshalb mit Vorsicht aufzunehmen, was ihren Wahrheitsgehalt betrifft. Doch nahezu alle späteren Autoren beriefen sich kritiklos auf sein Werk. Viele der von ihm aufgezeichneten Sagen entstammten wohl weniger der Volksüberlieferung als seiner Phantasie, z. B. die Erzählung von Pidder Lüng.

Mit seinen Schriften und Sammlungen wollte C. P. Hansen das alte Sylt für die Nachwelt bewahren. Zugleich sorgten seine Veröffentlichungen dafür, die Insel bekannt zu machen, und warben für den aufkommenden Fremdenverkehr. „Darin aber liegt zugleich seine Tragik, daß er auf diese Weise wissend dazu beiträgt, eine hier fremde und zerstörerisch wirkende Kraft in die der heimischen Tradition einzulassen und so zu ihrem Untergang beizutragen“ (Ernst Schlee). Nationalpolitisch stand C. P. Hansen auf der Seite der deutschen Schleswig-Holsteiner. Die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen behagte ihm nicht, und er verglich das preußische Regiment mit dem dänischen. Lebhaft nahm er an den öffentlichen Angelegenheiten seiner Insel Anteil. So schlug er bereits in den 1850er-Jahren den Bau eines Dammes zwischen dem Festland und Sylt vor.

Seit 1960 wird auf Sylt alljährlich mit der Verleihung des C.-P.-Hansen-Preises für Verdienste um friesische Kultur, Sprache und Geschichte an ihn erinnert. In Keitum hält die C.-P.-Hansen-Allee sein Andenken aufrecht. Seit 2013 ist ihm eine Ausstellung im Altfriesischen Haus gewidmet.

Einige wichtige Werke des Chronisten C. P. Hansen:
– Die Insel Sylt in geschichtlicher und statistischer Hinsicht, Hamburg 1845.
– Chronik der Friesischen Uthlande, Altona 1856; 2. erw. Aufl., Garding 1877.
– Das Seebad Westerland auf Sylt und dessen Bewohner, Garding 1856.
– Friesische Sagen und Erzählungen, Altona 1858.
– Uald’ Söld’ring Tialen, Mögeltondern 1858.
– Die nordfriesische Insel Sylt, wie sie war und wie sie ist, Leipzig 1859.
– Der Fremdenführer auf der Insel Sylt. Ein Wegweiser für Badende in Westerland, Mögeltondern 1859.
– Der Sylter-Friese, Kiel 1860.
– Ubbo, der Friese, Band I, Schleswig 1864.
– Der Badeort Westerland auf Sylt und dessen Bewohner, Garding 1870.
– Die Friesen. Scenen aus dem Leben, den Kämpfen und Leiden der Friesen, besonders der Nordfriesen, Garding 1876.
– Die Anfänge des Schulwesens oder einer Schulchronik der Insel Sylt, Garding 1879.

siehe auch historische Bücher

Ahrens u. a. 2015, Århammar 1967, Hoeg 1995, Janus 1998, Schlee 1962, Schmidt 1961, Schmidt/Reinhardt 1979, Schmidt-Rodenäs 1981, SHBL 7, SHL 1983, Wedemeyer 1982a/b.

50 Jahre nach dem Tod von C. P. Hansen widmete ihm Jens Mungard (1885–1940) u. a. die folgenden Zeilen:

Wat wiar üüs ailön Söl wel söner di?
Bluat en plak öört bi Friislöns rant.
En wat jir jer jens wiar, dit wiar fuarbi,
en gre lair’t al, auriiten en tökant.


Was wäre unsere Insel Sylt wohl ohne dich?
Nur ein Flecken Erde an Frieslands Rand.
Und was hier früher einmal war, das wär’ vorbei,
und grau läg’ alles, vergessen und am End’.