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Nordfrieslandlexikon
Geest

Geest (fer.: geest; frasch: gååst; sölr.: Geest; wied.: goast) Das Wort „Geest“ lässt sich auf germanische Wurzeln zurückführen und bedeutet „trocken“, „unfruchtbar“. Entstanden ist diese Landschaftsformation, die sich von Norden nach Süden in der Mitte Schleswig-Holsteins erstreckt, als Folge der Eiszeiten. Ihre Basis bilden Altmoränen der Saaleeiszeit (240.000 bis 125.000 v. Chr.), die teilweise von Mooren bedeckt sind. Der Boden ist wenig fruchtbar, seine Verarmung zeigt sich an der Besiedelung mit atlantischen Zwergstrauch- und Kiefernheiden, die die ursprünglichen Laubmischwälder abgelöst haben. Die Nutzung des Landes geschah im Wesentlichen gemeinschaftlich, die Dorfschaften bildeten eine jeweils durch geschriebene und ungeschriebene Gesetze organisierte Wirtschaftsgemeinschaft.

Im 18. Jahrhundert setzte die Obrigkeit zu einer umfassenden Agrarreform an, der Verkoppelung. Diese erste Flurbereinigung bildete einen tiefen Einschnitt in das ländliche Leben. Für die Landbevölkerung war in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht eigentlich erst jetzt das Ende des Mittelalters gekommen. In früherer Zeit versuchte man, mit Plaggendüngung bessere landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. Doch erst der Einsatz von Mergel und Kunstdünger und die Anlage von Knicks zum Windschutz beförderten die Landwirtschaft im Bereich der Geest. Rund 80 Prozent der Geestflächen werden heute landwirtschaftlich genutzt, überwiegend als Grünland. Das einst starke Gefälle zwischen reicher Marsch und armer Geest ist nahezu beseitigt.

Der größte Geestbereich Nordfrieslands mit etwa 55.000 Hektar ist die Bredstedt-Husumer-Geest. Bei Schobüll nördlich von Husum tritt die Geest bis an das Wattenmeer heran. Hier ist wegen der natürlich hohen Lage des Geländes kein Deichschutz notwendig. Die höchsten Erhebungen sind mit rund 44 Meter der Stollberg nördlich von Bredstedt, die knapp 45 Meter hohe Rantzau-Höhe südöstlich von Leck, der Glockenberg bei Schwabstedt mit Ausblick weit in die Eider-Treene-Niederung sowie der 53 Meter hohe Sandesberg östlich von Ostenfeld. Auch die Geestteile der Inseln Sylt, Föhr und Amrum stammen aus der Saaleeiszeit.

Am Ende der Weichseleiszeit (115.000 bis etwa 8.000 v. Chr.) wirbelte der in der Nähe des Eisrandes besonders starke Wind sandiges und toniges Material auf und lagerte es z. T. erst an weit entfernten Stellen wieder ab. Solche Flugsand- und Dünengebiete findet man bei Süderlügum, bei Löwenstedt und auch im Tal der Soholmer Au zwischen der Lecker und der Bredstedter Geest. Siedlungen wie Stedesand oder Sande bei Leck geben ein beredtes Beispiel für den Grund, auf dem sie einst errichtet wurden.

Es gibt keine Seen auf der Geest, da sie während der letzten Eiszeit verschüttet wurden. In den Senken entstanden dafür ausgedehnte Moore. Die einzigen größeren Wasserflächen sind ehemalige Mergel- und Kiesgruben, Kuhlen zur Viehtränke oder an Fließgewässern angelegte Fischteiche wie am Glockenberg, am Stollberg oder am Langenberg südlich von Leck. Kann die sandige Geest als eher entlegen gelten, bildet der Geestrand die zentrale Lebensader Nordfrieslands.

Nordfriisk Instituut.


Der Reiseschriftsteller Johann Georg Kohl (1808–1878) schrieb 1846: „... die Geest ist hoch, uneben und minder fruchtbar, ... ist heidig, sandig und nur stellenweise bebaut.“