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Nordfrieslandlexikon
Dr.-Carl-Haeberlin-Friesen-Museum

Dr.-Carl-Haeberlin-Friesen-Museum Das Museum in Wyk auf Föhr geht auf eine Initiative des 1902 gegründeten Naturwissenschaftlich-kulturhistorischen Vereins zurück. 1908 wurde es unmittelbar neben dem Galgenberg nach den Richtlinien der von der Baupflege geförderten Heimatschutz-Architektur errichtet. 1927 erhielt es den Namen des Arztes Carl Haeberlin (1870–1954), der zu den Gründern gehörte und es maßgeblich gestaltete. Bereits 1922 wurde der Bau unter Denkmalschutz gestellt. Den Eingang flankieren die zum Spitzbogen zusammengefügten Unterkieferknochen eines Blauwals.

Den Grundstock der vorgeschichtlichen Abteilung bildet die 1906 angekaufte Sammlung des Lehrers Hans Philippsen (1866–1926) aus Utersum. Älteste Exponate sind eine Knochenharpune und ein Kernbeil aus der mittleren Steinzeit. Die Siedler der Jungsteinzeit bestatteten ihre Toten in großen Grabhügeln. Rechteckige Grabkammern aus großen Felsbrocken wurden mit einem oder mehreren Decksteinen geschlossen. Flintbeile aus Feuerstein stammen aus dieser Zeit. Weitere Exponate sind z. B. Dolche, Schwerter und Urnen aus der Bronzezeit, Fibeln und Nadeln aus der Eisenzeit oder Schalenspangen und Spielsteine aus der Wikingerzeit.

In zehn Räumen auf einer Fläche von 600 Quadratmetern informiert das Museum über Geologie, Archäologie, Naturkunde, Volkskunde und Trachten, Handwerk, Fischerei und Walfang, Auswanderung, Malerei, Baukultur und über das Seebad Wyk. Original ausgestattet sind ein Pesel und eine Küche. Über 30.000 Besucher betrachten jährlich die etwa 20.000, teilweise friesisch beschrifteten Exponate.

Ein Erweiterungsbau von 1952 beherbergt die Privatsammlung von Carl Haeberlin. Sie besteht aus Büchern, Bildern, Karten und Silberschmuck. 1968 entstanden die Räumlichkeiten für die Bibliothek von Haeberlin und Lorenz Braren (1886–1953), die heute über 9.000 Bücher umfasst. Das Archiv verwahrt insbesondere alte Schiffsjournale, in denen Föhrer Kommandeure und Kapitäne die Vorkommnisse auf ihren Seereisen festhielten, sowie die Nachlässe des Museumsgründers und die des Lehrers und Heimatforschers Ocke C. Nerong (1852–1909). Sechs Handschriften befassen sich mit den in den privaten Navigationsschulen erlernten Rechenkünsten. Seit 1909 wurden die Ausgaben der „Föhrer Zeitung“, des „Föhrer Lokal-Anzeigers“ und des „Insel-Boten“ gesammelt. Das Bildarchiv umfasst über 6.500 historische Fotografien und eine Postkartensammlung.

1981 wechselte das Museum unter die Trägerschaft der Kulturstiftung des Kreises Nordfriesland, 1995 gelangten die Eigentumsrechte sowie Betrieb und Bewirtschaftung an einen eigens gegründeten Zweckverband auf Föhr zurück. Die bis dahin durch das Ehepaar Catharina (1914–1984) und Walter Lüden (1914–1996) betreute Einrichtung gehört zu den größten von einem Verein getragenen Museen in Schleswig-Holstein.

Auf dem rund 10.000 Quadratmeter großen Grundstück befinden sich auch das 1927 von Alkersum hierher versetzte Altföhringer-Haus sowie eine kleine Bockwindmühle, die 1954 von der Hallig Langeneß nach Wyk gebracht wurde. 1999 kam eine etwa 300 Jahre alte Gulfscheune aus Midlum hinzu. In dem hallenartigen Gebäude war einst Platz für die Ernte und das Vieh.

Als 2012 das Landwirtschaftliche Museum in Oevenum aufgegeben werden musste, übernahm das Wyker Museum die Ausstellungsstücke und zeigt sie nun im „Haus Jansen“ in der Badestraße.

Seifried-Otte 2010, Steensen 2012b, Zacchi 1949.

Carl Haeberlin schrieb 1908: „Unsere Heimatinsel Föhr bietet so viel Besonderes, daß seit langem die Blicke weiter Kreise darauf aufmerksam wurden. Der wachsende Verkehr schleift die Eigenart immer mehr ab. Sitten und Gebräuche und die Föhringer Sprache, ein Juwel von höchstem Wert, sind dem Verschwinden ausgesetzt. Das Erbgut an Tracht, Gerät und Hausbau ist in fernen Museen reichhaltiger zu finden als hier. In letzter Stunde, ehe die Spuren der Vorväter ganz verwischt waren, ist es gelungen, noch genügend Stoff zu finden, um in einem Museum die bodenständige Art und Weise festzuhalten.“

Auf dem Gelände des Friesen-Museums befindet sich seit 1954 die Grabstätte des Gründers Carl Haeberlin. Eine Plakette, die 1940 zu seinem 70. Geburtstag angefertigt wurde, trägt die Inschrift:
„Aus der Ferne gekommen,
fand sein Herz hier die Heimat,
die ihn nie vergißt!“