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Nordfrieslandlexikon
Wyk auf Föhr

Wyk auf Föhr (fries.: bi a Wik) Die Hafenstadt mit den Ortsteilen Boldixum und Südstrand liegt an der Südostecke der Insel Föhr. Sie gehört zum 2007 neu gebildeten Amt Föhr-Amrum. 1601 wurde by der Wycke erstmals urkundlich erwähnt. Der Name bedeutet Bucht. Älteste archäologische Funde stammen aus dem Ortsteil Boldixum. Eine Knochenharpune wird in die mittlere Steinzeit datiert (ca. 10.000 bis 4300 v. Chr.). Zahlreiche Steinbeile, -äxte und Meißel beweisen, dass auch in der Jungsteinzeit das Gebiet besiedelt war. Urnenfunde belegen die Bestattungssitten der Eisenzeit.

Nach der großen Sturmflut von 1634 siedelten sich zahlreiche Halligbewohner auf der sicheren Geest südlich des Hafens an. 1638 wird amtlich als Geburtsjahr der Siedlung angenommen. Durch den Zuzug von Schiffern von den damaligen Halligen Fahretoft, Dagebüll und Galmsbüll weitete sich der Ankerplatz zur Siedlung aus. Die Hafengerechtigkeit datiert von 1704, 1706 trennte sich der nun selbstständige Flecken von der Verwaltung Osterlandföhrs. 1710 wurde dem Flecken das Marktrecht verliehen, 1711 der Hafen ausgebaut. 1806 entstand eine dritte Hafenanlage. Doch mit dem Erliegen der Handelsschifffahrt auf der Nordsee zu Beginn des 19. Jahrhunderts gingen die „goldenen Zeiten“ zu Ende. Die Menschen wanderten auf das Festland ab. So sank die Zahl der Einwohner auf 580 im Jahr 1820.

Mit der Gründung einer Aktiengesellschaft und Eröffnung des Seebades wendete sich 1819 das Schicksal Wyks. Erste Höhepunkte erlebte das Seebad mit den Besuchen des dänischen Königspaares Christian VIII. (1786–1848) und Caroline Amalie 1842–47. Im Jahr 1842 wurde der Leuchtturm in Wyk als erster an der schleswig-holsteinischen Westküste erbaut. Zwei Brände 1857 und 1869 veränderten das Aussehen des Ortes radikal. Statt Reetdachhäusern baute man zweigeschossige Backsteinhäuser mit harten Dächern. 1870 erhielt Wyk das Stadtrecht, und seit der Gründung der Wyker Dampfschiffs-Reederei 1885 verkehren regelmäßig Schiffe zwischen Wyk und Dagebüll. Im Jahre 1898 wurde am damals noch nicht bewohnten Südstrand von Karl Gmelin (1863–1941) das Nordsee-Sanatorium errichtet, 1908 folgten das Nordsee-Pädagogium und das Dr.-Carl-Haeberlin-Friesen-Museum. Es entstand eine große Parkanlage, der sich in späteren Jahrzehnten große Baumanpflanzungen in allen Teilen der Stadt anschlossen und den Ruf Föhrs als „grüne Insel“ festigten.

1924 wurde Boldixum eingemeindet, 1926 gründeten die Badeärzte Karl Gmelin und Carl Haeberlin (1870–1954) die Bioklimatische Forschungsanstalt. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg warfen ihre Schatten auch über Föhr. Die Auswirkungen hielten sich jedoch in Grenzen. In den Jahren 1945–47 fanden viele Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten in Wyk eine vorübergehende Zuflucht. Erkennbar wird dies insbesondere an den Einwohnerzahlen. Während 1939 noch 2.824 Einwohner gezählt wurden, waren es 1947 genau 6.267 und drei Jahre danach 4.850 Einwohner.

In den Zeiten des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwunges nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von der Stadt und privater Seite hohe finanzielle Investitionen getätigt, um das Nordseeheilbad im Wettbewerb umliegender Bäder konkurrenzfähig zu halten. So wurde z. B. in den Jahren 1950–65 der größte Teil der Straßen ausgebaut und 1954/55 mit dem Bau einer Vollkanalisation und einer mechanischen Kläranlage begonnen. 1956/57 folgte der Bau eines den damaligen Anforderungen entsprechenden Kurmittelhauses, 1964/65 die Erweiterung des Hafenbeckens und Erneuerung der West- und Nordkaje sowie der Beitritt zum Wasserbeschaffungsverband Föhr im Jahre 1967. Anfang der 1970er-Jahre wurde das Kurmittelhaus erweitert und ein Meerwasserhallenbrandungsbad errichtet. Dieses wurde im Jahre 1995 durch den Neubau des Familienbades aquaWYK-FÖHR ersetzt. In diesen Zeitraum fiel auch der Bau des Fähranlegers (1968/70), womit dem ständig gestiegenen Personen- und Kraftfahrzeugverkehr zwischen Föhr und Dagebüll Rechnung getragen wurde.

Dem Erhalt der Konkurrenzfähigkeit als Badeort und Verbesserung der Wohnqualität dienten auch die wiederholten Sandaufspülungen und der Ausbau der Fußgängerzone im Stadtkern. Diesem Aufgabenbereich zuzuordnen ist auch die Modernisierung des Kurmittelhauses in den Jahren 1985–87 und die Umgestaltung des Rathausvorplatzes im Rahmen der Sanierung der nördlichen Hafenstraße sowie der Bau des Umweltzentrums.

Mit dem Bau des Schul- und Sportzentrums in den Jahren 1975/76 war es möglich, den Real- und Hauptschulunterricht zeitgerecht fortzuführen. Zwischenzeitlich wurde dort auch das Gymnasium baulich integriert. 1984 war das erste „echte“ Rathaus bezugsfertig. 1988 konnte das Kleine Kulturzentrum seiner Bestimmung übergeben werden. Es beherbergt Räume der Grundschule, der öffentlichen Bücherei sowie der Musikschule Föhr.

Die evangelische Sankt Nicolai-Kirche ist eine spätromanische-frühgotische Backsteinkirche aus dem mittleren 13. Jahrhundert. Kleine Vorhäuser und ein barocker Flügelbau stammen aus dem Jahr 1707. Im Inneren befinden sich ein dreiteiliger Spätrenaissance-Altar von Johannes Schnitker (1643), eine Spätrenaissance-Emporenkanzel, eine Orgel von 1735, vier gotische Heiligenfiguren aus Eiche und Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Heute leben rund 4 210 Einwohner (2015) auf einer Fläche von 800 Hektar. Einige landwirtschaftliche Betriebe nutzen 385 Hektar Land. Haupterwerbsquelle ist der Fremdenverkehr. Wyk ist mittlerweile die größte Hafenstadt auf den nordfriesischen Inseln. Zur Infrastruktur gehören Krankenhäuser und Kurkliniken, Schulzentrum, Wellenbad, Bücherei, Friesenmuseum und Klärwerk.

Ein Blockheizkraftwerk, das seit 1996 ein Nahwärmenetz für den Wyker Stadtkern speist, sowie zwei Windkraftanlagen erzeugen rund 75 Prozent der in der Stadt benötigten Energie. Hinzu kommen Erdgas und erneuerbare Energiequellen wie die 1996 in Betrieb genommenen sechs Solarstromanlagen mit insgesamt rund 12 Kilowatt Leistung und 15 Solarthermieanlagen mit einer Kollektorfläche von zusammen etwa 110 Quadratmetern. Der Hafenbetrieb in Wyk versorgt sich seit 2004 ebenfalls aus einer Solaranlage.

Zu den bekanntesten Persönlichkeiten zählen die 1849 in Boldixum geborene Lyrikerin Stine Andresen (1849–1927), die Ärzte Karl Gmelin und Carl Haeberlin, die Landespolitiker Knud Broder Knudsen (1912–2000) und Arfst Wagner (* 1954), der Theaterregisseur Nis-Momme Stockmann (* 1981) und der Klimaforscher Hans von Storch (* 1949).

K. Hansen 2010, Koops 2010, Panten 2006, Steensen 2008a, Tholund 1969, 1971 u. 1985, Zacchi/Pump 1994.