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Nordfrieslandlexikon
Weihnachtsbaum

Weihnachtsbaum (fer.: kenkenbuum; frasch: jülbuum; sölr.: Jöölboom; wied.: jülebuum) Wohl im 19. Jahrhundert erfanden die Nordfriesen auf den Inseln einen ganz eigenen Weihnachtsschmuck, den friesischen „Weihnachtsbaum“. Der im 19. Jahrhundert langsam aufkommende Tannenbaum setzte sich hier zunächst kaum durch, weil Wald auf den Inseln nur spärlich wuchs und die Einfuhr von Weihnachtsbäumen zu kostspielig war.

Beim Weihnachtsbaum muss man eigentlich von einem Weihnachtsgestell sprechen. Zur Herstellung genügten früher ein Brett und drei häufig aus einem zersägten Besenstiel gewonnene Stäbe. Heute wird in einen rechteckigen Fuß ein 50 Zentimeter langer Rundstab gebohrt. Daran sind drei Querstreben in einem Abstand von etwa 20 Zentimetern befestigt. Die mittlere Strebe ist 60 Zentimetern lang und damit etwa ein Drittel länger als die untere und die obere. An diesen Streben werden der Weihnachtsschmuck und die vier Figuren aus Salzteig angebracht. Die Symbolfiguren sind Adam und Eva mit der Schlange unter dem Baum der Erkenntnis, das Pferd als Zeichen für Ausdauer und Kraft, der Hund für Treue und der Hahn für Wachsamkeit. Auch Schiffe und Mühlen sind zu finden. Der mehrfach gelackte Salzteig ist nicht zum Verzehr gedacht, wohl aber zur Wiederverwendung, sofern es gelingt, die zerbrechlichen und feuchtigkeitsempfindlichen Figuren aufzubewahren. Geschmückt wird das Gestell außerdem mit Dörrobst und Äpfeln, die für Fruchtbarkeit stehen, sowie mit einem Kranz aus Immergrün, der den kleinsten Sonnenrundlauf des Jahres symbolisiert. Die vier Kerzen, die man auf die äußersten Enden der oberen Querstreben setzt, kamen erst in jüngster Zeit hinzu.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hielten auch auf den nordfriesischen Inseln die Tannenbäume Einzug. Doch insbesondere seit den 1980er-Jahren erfreut sich der friesische Weihnachtsbaum wieder wachsender Beliebtheit und wird seither auch in andere Gegenden „exportiert“.

Kürtz 2005, Lüden 1983, Mensing 1929, Ossenbrüggen 1987, SHHB o. J.