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Nordfrieslandlexikon
Listland

Listland (fries.: Listlön) heißt die rund 1.600 Hektar große Landschaft zwischen der Vogelkoje Kampen und dem Ellenbogen. 1.284 Hektar davon, ein großflächiges Dünengebiet mit den höchsten natürlichen Sandbergen und Wanderdünen Deutschlands, bilden seit 1923 das Naturschutzgebiet Nord-Sylt. Das Listland wurde 1292 vom dänischen König Erich Menved der Stadt Ripen (Ribe) geschenkt und blieb bis 1864 dänisches Herrschaftsgebiet. List war deshalb von Interesse, weil hier ein Schutzhafen bestand. 1358 wurde er urkundlich erwähnt. Die große Sturmflut von 1362 zerstörte zumindest die Kirche, der endgültige Untergang der mittelalterlichen Siedlung ist wohl der Allerheiligenflut von 1436 zuzuschreiben. Das wüste Land wurde nun gegen eine geringe Gebühr von den südlichen Nachbarn aus Kampen als Weidegrund genutzt. Besonderes Interesse hatten sie am Strandgut, das an dieser kritischen Stelle anfiel, wenn Schiffe die schützende Reede vor Mellhörn nicht mehr erreichten.

Um anfallendes Strandgut unter Kontrolle zu bekommen, beschloss die Landesherrschaft im 16. Jahrhundert, das Listland neu zu besiedeln. Vermutlich war der 1572 belegte Hans Nielsen der erste Kolonist. Er erhielt das Listland zur Pacht und wurde zugleich als Strandvogt eingesetzt. Sein Haus diente als wichtiger Anhaltspunkt für Schiffe, die den Lister Schutzhafen anliefen. 1608 wurde der Hof vermutlich geteilt, denn Jörgen Hansen und Jörgen Jensen sind in einem Erdbuch als Hauswirte verzeichnet. Beide Höfe wurden seither ununterbrochen innerhalb der Familien vererbt. Heute ist das Listland Eigentum einer rund 30-köpfigen Erbengemeinschaft. Die Bewohner der Höfe sind Nachfahren des Eierkönigs Peter Hansen (1654–1718), genannt Lille Peer.
Die Listländer lebten und leben von der Schafzucht. Große Herden einer wetterfesten Rasse erzielten meist gute Auktionspreise. Außerdem stand ihnen der Fang eines jeden achten Tages aus der Vogelkoje Kampen zu sowie ein Teil der gesammelten Möweneier. Im Ersten Weltkrieg wurde stark in die Idylle eingegriffen, Wehrmachtsunterkünfte errichtet und der Lister Hafen zum Marinestützpunkt und Fliegerhorst ausgebaut. Im Zweiten Weltkrieg okkupierte das Militär weitere 168 Hektar von den Eigentümern des Listlandes. Ein später Ausgleich dafür musste nach einem langen Rechtsstreit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Erbengemeinschaft 1958 gewährt werden. Die Listländer durften einen Teil des Naturschutzgebietes in Bauland umwandeln. 1961 entstand in der Folge im Süderheidetal die Feriensiedlung Sonnenland. Für die Zufahrt zum Ellenbogen erheben die Eigentümer eine Gebühr, die zur Unterhaltung der Straßen und Wege im Listland dient.

Janus 1998, Jürgs/Trost 1978, Newig 1980, Panten 2003, Simon 1980, Wedemeyer 1992c.