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Nordfrieslandlexikon
Gantzel, Anna

Gantzel, Anna geb. Walter * 10.4.1898 Keitum, † 10.11.1984 Keitum, friesische Sprachpflegerin. Anna Gantzel verlor schon im Kindesalter beide Eltern und erlebte das schwere Schicksal eines Waisenkindes. Sie fand Anstellung als Hausgehilfin im Keitumer Pastorat („Anna Pröst“), 1923–37 als Betreuerin des Altfriesischen Hauses, wobei sie sich zusätzlich als Lohnweberin, Koch- und Waschfrau durchschlug. Später wurde sie Haushälterin bei Peter Gantzel, dessen Sohn Lorenz sie heiratete. „Gelernt habe ich nichts – außer Arbeiten“, sagte sie einmal von sich. Das Ehepaar bewirtschaftete einen mustergültigen Bauernhof. Nach dem Tod ihres Mannes wandte sich Anna Gantzel, fast 70 Jahre alt, mit ihrer großen Energie der bedrohten friesischen Sprache zu. Angeregt und begleitet wurde sie dabei insbesondere von dem Sprachwissenschaftler Nils Århammar (* 1931). Sie übersetzte, dichtete, sammelte, häufig vom frühen Morgen bis zum späten Abend. So entstanden u. a. Übersetzungen von zwei Bullerbü-Geschichten, Hänsel und Gretel, Max und Moritz sowie ein Schulwörterbuch und ein Lesebuch. Innerhalb weniger Wochen übersetzte sie den 20.000 Wörter umfassenden kleinen Duden auf Sölring. Für die frisistische Sprachwissenschaft war Anna Gantzel eine wichtige Gewährsperson. Einige Jahre lang erteilte sie friesischen Unterricht an der Schule in Keitum. Sie war Ehrenmitglied des Nordfriesischen Vereins und erhielt 1969 den C.-P.-Hansen-Preis. Viele Fäden der friesischen Bestrebungen auf Sylt liefen bei ihr zusammen. „Förtermaaki!“ sagte sie kurz vor ihrem Tod – „Weitermachen!“

Gantzel 1983, Green 1974, Hagge 1984, Reinhardt 1986, Wilts 1985.

Anna Gantzel (1965):
Gung ek fuarbi!

Gung ek fuarbi, wan Bloomen blostri,
bliiv stuunen, wan di Fügler sjung.
Let di dit Leewent jit wat kosti,
bal best dü ual en ek muar jung.

Luki āp jens tö di Hemel,
frügi di aur Sen en Muun,
frügi di, wan diar gans jemelk
tau jung Lir töhop jit stuun.

Frügi di, wan Jungen spöli
en ja da sa lekelk sen.
Bal skel ja ön’t Leewent wööli,
en dit Spölin es töjen.


Geh nicht vorbei!

Geh nicht vorbei, wenn Blumen blühen,
bleib stehen, wenn die Vögel singen.
Lass dich das Leben noch was kosten,
bald bist du alt und nicht mehr jung.

Schau hinauf einmal auf zum Himmel,
freu dich über Sonne und Mond,
freu dich, wenn da ganz vertraut
zwei junge Menschen beieinander noch stehn.

Freu dich, wenn Kinder spielen
und sie dabei so glücklich sind.
Bald müssen sie sich durchs Leben wühlen,
und das Spielen ist zu End.