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Nordfrieslandlexikon
Dünen

Dünen (fer.: dünen; frasch: dööninge; sölr.: Dünemer; wied.: düüninge) Wenn vom Wind verwehte, „wandernde“ Sände auf ein Hindernis wie eine Insel oder die Küstenlinie treffen, dann lagern sie sich dort an. Zu sehen ist dies an den ausgedehnten Sandstränden vor Sankt Peter-Ording und Westerhever in Eiderstedt sowie am Kniepsand auf Amrum. Vom Wind aufgewirbelt, bleibt er zunächst an Hindernissen, wie Steinen, Felsen, Grasbüscheln oder Sträuchern hängen und türmt sich schließlich im Laufe von Jahrhunderten zu kleinen Bergen auf. Die nur etwa einen Meter hohen jungen Dünen findet man auf Sylt vorwiegend auf dem Ellenbogen, die älteren, höheren Dünenketten in beeindruckender Vielfalt nahezu an der gesamten Westküste. Diese halden-, parabel- oder sichelförmigen Sandberge bedecken rund 2.900 Hektar und damit fast ein Drittel der Insel.

Die ältesten Dünen können etwa ab 1000 v. Chr. entstanden sein, als der Meeresspiegel bei drei Meter unter heutigem Normal Null (NN) lag und erste maritime Einflüsse spürbar wurden. Es handelt sich um die heutigen Braundünen mit einem Bewuchs aus Krähenbeere und Besenheide sowie Moos- und Rauschbeere. Dem Meer zugewandt liegen die sehr dünn mit Strandhafer, Stranddistel, Binsenquecke und Salzmiere bewachsenen bis zu 100 Jahre alten Weißdünen. Im Übergangsgebiet schließen sich landwärts die mit Sandsegge, Silbergras, Habichtskraut, Moosen, Flechten und Kriechweiden bewachsenen Graudünen an. In den Dünentälern wachsen Pflanzen, die es feucht, extrem nährstoffarm und leicht moorig lieben, u. a. auch die stark gefährdeten Arten Glockenheide, Flammender Hahnenfuß, Gelb- und Schwarzsegge, Sumpfsimsen, Sonnentau und Zwergbinse.

Um das stete Wandern der Dünen nach Osten zu verhindern, wurden die Weißdünen mit Strandhafer bepflanzt. Bei List auf Sylt sind Wanderdünen zu beobachten. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von etwa vier Metern im Jahr ostwärts. Eine der höchsten Dünen aus purem Sand ist mit 31,2 Meter der Süterknol bei List. Die Uwe-Düne bei Kampen liegt auf einer Geestkuppe und misst 50,2 Meter über NN. Auch auf Amrum haben sich zwischen dem südwestlichen Inselbogen Wriakhörn und Wittdün in den letzten Jahren mächtige Wanderdünen aufgetürmt.

Im 15. bis 17. Jahrhundert brachte der wandernde Sand im Zusammenspiel mit einigen großen Sturmfluten fast die gesamte Landwirtschaft auf der Insel zum Erliegen. Erst im 18. Jahrhundert begann man allmählich mit einer systematischen Dünenbefestigung.

Große Teile der Dünenlandschaft stehen heute unter Naturschutz. Sie dürfen z. B. nur auf den insgesamt rund 40 Kilometer Kies- oder Bohlenwegen überquert werden, um zum Strand zu gelangen. Vom Ellenbogen bis zur Hörnum-Odde gibt es über 80 solcher durch Baken gekennzeichnete Strandübergänge. Dennoch müssen jährlich mehr als 50.000 Euro zur Beseitigung der Schäden infolge Missbrauchs aufgewendet werden. Gutachter schätzen die Länge der Trampelpfade in den Sylter Dünen auf etwa 700 Kilometer. Inzwischen hat der Landschaftszweckverband ein besucherlenkendes Beschilderungssystem eingeführt, um das Problem zu mildern.

Auch im Landesinneren findet man Sandgebiete, die teils flächenartig verteilt, teils zu Dünen aufgetürmt sind. Dabei handelt es sich um Flugsand aus der letzten Eiszeit. Solche Formationen sind z. B. die Süderlügumer Binnendünen, die Löwenstedter Sandberge und das versandete Tal der Soholmer Au zwischen Leck und Bredstedt.

Eine ganz besondere Düne ist der 70 Hektar große ursprüngliche Kalkfelsen bei Helgoland, dessen Verbindung mit der Hauptinsel im 18. Jahrhundert zerstört wurde.

Der Schriftsteller Johann Georg Kohl (1808–1878) schrieb nach einem Sylt-Besuch 1846: „Man hat den langen künstlichen Seedeich, der sich schützend um ganz Friesland herumzieht, nicht nur in neueren Büchern, sondern auch in alten Chroniken ,den goldenen Saum des Landes‘ genannt, weil er dem Volke unschätzbar und mehr als Gold werth sei. Die Dünenreihen, die sich auf den Außeninseln als zweite Wehr um das Land ziehen, sollten daher wenigstens der Silbersaum genannt werden.“


Emeis 1967, Koch 1996a, Kohl 1846, Krämer 1986a, Pfnür 1998 u. 1999, Wenk 1967.